Putins Freunde sind auch reiche Deutsche

Die Überschrift ist sehr provozierend gewählt. Einige werden nun eine große Enthüllung von Verbindungen der deutschen Wirtschaftselite in den Kreml erwarten. Damit kann ich aktuell nicht dienen. Andere erwarten sicherlich nun Kritik an deutsche Firmen, die weiterhin ihr Russland-Geschäft aufrecht erhalten (wollen). Damit könnte ich zwar dienen, ist aber nicht Gegenstand dieses Beitrags.

 

In den letzten Wochen gab es immer wieder Ratschläge von Besserverdienden wie Herrn Gauck, wie wir alle fossile Energien sparen können, um die Preise zu stabilisieren und Putin die Kriegskasse nicht noch voller zu stopfen, als wir es als "Westen" bisher eh schon getan haben. Wie oft durften wir in den Medien hören, dass wir nun alle den Gürtel enger schnallen müssen? Wie oft mussten wir hören, dass der Staat nicht alle Kosten ersetzen kann, die durch steigende Preise entstehen würden?

 

Reiche verbrauchen mehr fossile Energien - trotz Einsparpotenzial

 

Medial passiert genau das, was die FDP als Verbündeter der Besserverdienden und Reichen im Umlauf bringen will, um Maßnahmen zu verhindern, die genau die treffen würden, die für unsere Abhängigkeit verantwortlich sind und den meisten Verbrauch an fossilen Energien haben.

 

Wie Mira Alestig von OXFAM am 08.12.2020 im Deutschlandfunk mitteilte, sind die reichsten 10% in Deutschland für fast genauso viele Emissionen verantwortlich wie die ärmste Hälfte der deutschen Bevölkerung. Auch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen zwischen 1990-2015 (Ca. 25 Prozent) verdanken wir mehrheitlich den "ärmsten" 90% der Bevölkerung. Denn die haben bzw. mussten ihre Emissionen weitaus mehr senken als die Reichen.

 

Das Umweltbundesamt hat hierzu am 27.05.2021 noch weitere interessante Zahlen veröffentlicht, die das auch in einigen Punkten greifbarer machen.

So geben Haushalte mit einem Nettohaushaltseinkommen von unter 1.500€ nur 94 Euro für den Verkehr aus. Bei Haushalte mit einem Nettohaushaltseinkommen von über 5.000 € sind es krasse 762 Euro.

Das Umweltbundesamt dazu: "Eine erhöhte Mobilität, häufigeres Reisen und hohe ⁠Fahrleistungen⁠ mit eigenen Kraftfahrzeugen tragen erheblich zu Umweltbelastungen, wie zum Beispiel klimaschädlichen Emissionen, bei."

 

Noch absurder: Der CO2-Verbrauch pro Kopf lag 2021 bei 11,17 Tonnen.

Alleine der Hin- und Rückflug zwischen Köln und Sydney beträgt 5,9 Tonnen. Der Businessflug zwischen Köln und Berlin schlägt mit 0,287 Tonnen zu Buche. Und diese Flüge, die sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung leistet, sind bereits in den CO2-Verbrauch pro Kopf mit drin.

Dies schlägt sich natürlich auch in anderen Bereichen nieder.

 

Allein diese paar Zahlen zeigen schon deutlich, dass der Ressourcenverbrauch vor allem einkommensabhängig ist.

 

Warum verfangen trotzdem Sätze, wie "wir müssen alle den Gürtel enger schnallen"?

 

Man könnte nun sagen, dass wir wissen, wer der Schuldige ist.

Man könnte nun sagen, dass unsere Reichen hauptsächlich das Putin-Regime finanzieren.

Man könnte nun sagen, dass man ja entsprechende Maßnahmen ergreifen kann, damit die Reichen weniger CO2 verbrauchen oder zumindest die Allgemeinheit mit ihrer Umweltzerstörung und der Finanzierung von Diktaturen entlasten.

 

Hierbei ist aber ein Effekt zu berücksichtigen, den sich CDU/CSU und FDP auch schon bei anderen Themen zu eigen gemacht haben: Viele wissen nicht oder wollen sich nicht eingestehen, dass sie eben nicht zu denen gehören, die Besserverdiende und Reiche sind. Denn wer ein einigermaßen gutes Leben führt, zählt sich automatisch zu diesem Kreis.

 

So werden auch immer wieder Entlastungen für Besserverdienende und Reiche durchgesetzt und Belastungen dieser Gruppe abgeschmettert. Abschaffung des Solidaritätsbeitrags? Klar. Schließlich werde ich um 8,37 Euro im Monat entlastet. Dabei wird dann aber gerne vergessen, dass der Chef mal eben 500 Euro und mehr im Monat dadurch zusätzlich zur Verfügung hat.

 

Ein weiterer Effekt ist, dass die Welt der Besserverdienenden und Reichen so weit entrückt von der Realität ist. Während Normalverdienende mehrere Jahre darauf sparen, mal eine Kreuzfahrt zu machen, die ziemlich umweltschädlich ist, besitzen Besserverdienende und Reiche ihre eigene Jacht und schippern damit durch die Karibik oder durch's Mittelmeer. Während Familien auf den Zoobesuch sparen, haben diese Leute auch mal ihren eigenen Privatzoo. Und wenn wir mal Einblicke erhalten, sind es entweder verrückte Gestalten, Millionär:innen die über zu viel Geld jammern, was sie gerne der Allgemeinheit geben wollen oder sympathische Menschen, mit denen man auch mal ein Bier trinken gehen würde.

 

Nur selten gibt es unsympathische Geschichten wie die von Verena Bahlsen, die die öffentliche Meinung zumindest ein klein wenig erschüttern. Zudem verwechseln viele noch, dass viel Geld nicht unbedingt mehr Leistung bedeutet. Eine Reinigungskraft, die für den Mindestlohn putzt, leistet meist überdurchschnittliches, da sie, um den Profit zu maximieren, unter bedenklichen Arbeitsbedingungen arbeiten muss, während das Unternehmenssöhnchen im gekühlten Büro sitzt und schaut, wo man noch einen Euro einsparen kann.

 

und wenn all dies nicht funktioniert, warnt man die Gesellschaft vor dem Verlust der Arbeitsplätze, wenn man Millionär:innen und Milliardär:innen nicht noch den Poppes pudert. Wenn diese nicht sowieso sofort ihre Sachen packen würden und auf die Isle of Wight ziehen, um ihr Vermögen vor dem raffgierigen deutschen Staat in Sicherheit zu bringen. 

 

Was wäre also zu tun?

 

Unser System braucht einen erheblichen Umbau. Hierzu sind verschiedene Maßnahmen notwendig, um den Ressourcenverbrauch der Besserverdienenden und Reichen einzuschränken, um vor allem die Kriegskasse von Diktaturen zu erwischen. Hierbei ist es vor allem wichtig, die Maßnahmen so zu wählen, dass sich Lobbyorganisationen und die oben genannten Parteien sich nicht hinter denen verstecken können, die sich selbst für besserverdienend halten. Diese Maßnahmen sind verschieden und schlagen in ihrer Wirkung bei Besserverdienenden und Reichen auf.

 

Einige Maßnahmen: Klimadividende mit Anhebung CO2-Preis, Neuordnung der Mehrwertsteuer (Entlastung Grundnahrungsvermittel mit gleichzeitiger Einführung eines Mehrwertsteuersatzes für Luxusartikel), einkommensabhängige Bußgelder bei Verkehrsverstöße und eine umfassende Neuordnung der Ausgaben des Verkehrsministerium weg vom Straßenverkehr in Richtung ÖPNV und Schiene.