Der gelbe Engel der Efuels-Lobby

Ich hab ein wenig Zeit, möchte meine Gedanken zu einem Thema aufschreiben und fange mit der Recherche an.

Der Text entwickelt sich.

Wenn ich meine Gedanken aufschreibe, ist es für mich natürlich wichtig, keine fachlichen Fehler einzubauen. Durch Watch_Union habe ich nämlich das Privileg, dass doch der ein oder andere meine Gedanken liest, obwohl ich kein Journalist bin.
Und jeder Fehler wird natürlich ausgeschlachtet. Würden wir ja nicht anders machen oder?

 

So begab es sich, dass ich anfing, einen Text über Efuels zu schreiben und mich beim ADAC darüber informierte. Denn ich habe mit der Zeit gelernt, dass Argumente besonders dann schlagkräftig sind, wenn sie von einer Seite kommen, von der man dies nicht unbedingt erwarten würde. 

 

Da ich viel lese, hatte ich beim ADAC noch einen Artikel zum Thema Efuels in Erinnerung. Diesen Artikel fand ich auf der einen Seite zwar etwas komisch, als ob diesen jemand geschrieben hätte, der zwei Herzen in einer Brust schlagen hat. Dennoch: Die Fakten stimmten mit anderen Informationen überein, die ich bereits zum Thema gelesen hatte, weswegen ich mein Gefühl damals nicht so wirklich ernst nahm.

 

Doch fangen wir von vorne an und klären erst einmal die Basics.

 

Was sind Efuels?

 

Bei Efuels handelt es sich um synthetisch hergestellte Kraftsoffe. Hierfür gab es in der Vergangenheit verschiedene Ansätze, die allerdings alle versandeten. Durchgesetzt hat sich schließlich Wasserstoff als Grundlage. Da ich kein Chemiker bin, möchte ich auch gar nicht versuchen, die Herstellung zu erklären. Nur so viel: Im Elektrolyseverfahren wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Dafür braucht es viel Energie. Ist dies geschehen, wird noch mehr Energie aufgewendet, um Wasserstoff mit Kohlendioxid zu verbinden. Je nachdem, wie der Prozess weiter geht, gibt es dann E-Diesel, E-Benzin oder E-Gas als Endprodukt.

 

Ich wende also ganz viel Energie auf und das möglichst aus erneuerbaren Quellen, anstatt diese direkt als Kraftstoff zu verwenden.  

 

Wie fällt denn die Effizienz von Efuels gegenüber Elektroautos aus?

 

Wie man schon herauslesen konnte, kann so ein synthetischer Kraftstoff nicht wirklich effizient sein. Hier wird man auch beim ADAC fündig.

 

Neben der wunderschönen Grafik schrieb der ADAC zur Effizienz: "Aufgrund der zahlreichen einzelnen Schritte fallen bei der Herstellung von E-Fuels hohe Wirkungsverluste an. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben in der "Well-to-Wheel"-Betrachtung am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig. Zum Vergleich: Im Elektroauto kommen 70 bis 80 Prozent der Ausgangs-Energie am Rad an."

 

Da man sich ja bekanntlich nicht nur auf eine Aussage stützen sollte:

Um einen Liter Efuels (E-Diesel) herzustellen, braucht es laut Professor Fichner 27 kWh Strom. Professor Maximilian Fichner ist Professor für Festkörperchemie und seit Oktober 2021  geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung. Sparsame E-Autos kommen mit der Energiemenge, die im E-Diesel steckt, 10 mal weiter. 

https://www.e-fuels.de/
https://www.e-fuels.de/

Was werden Efuels kosten?

 

Laut ADAC kosten Efuels aktuell in der Herstellung 4,50 € pro Liter. Darauf kämen natürlich noch Steuern.

Und selbst im besten Fall würde der Liter 2,29 Euro inkl. Steuern im Jahr 2030 kosten.

 

Rechnet man den Verbrauch eines Verbrenners auf 100 Kilometer mit 7 Liter wären das im Jahr 2030 (7 Liter x 2,29€) 16,03 €.

Zum Vergleich: 100 Kilometer in einem eAuto kosteten 2020 laut DKV 4,65 €.

 

Und damit wird die ganze Unsinnigkeit von Efuels für die breite Masse noch anschaulicher - obwohl das Problem der Energiegewinnung in der Masse noch nicht einmal ein Thema war.

 

Aber kommen wir zu den guten Nachrichten. Die Efuel-Alliance, hat auf ihrer Seite bereits die erwartbaren Kraftstoff-Endverbraucherpreise auf ihrer Website veröffentlicht, die wir im Jahr 2025, 2035 und 2050 mit einer Beimischung von Efuels erwarten dürfen. So bezahlen wir in nur 2 1/2 Jahren schon fast einen Euro pro Liter weniger, wenn wir doch nur 4% Efuels in den bisherigen Sprit mit hineinmischen.

 

Wie dieser Woodoo logisch klappt, wenn doch der Liter Efuels aktuell 4,50 € kostet? Sorry. Aber da bin auch ich absolut überfragt.

 

Der ADAC - Gelber Engel für seine Mitglieder oder doch für die fossile Autowirtschaft?

 

Wie ihr seht, habe ich viele Argumente aus einem Artikel vom ADAC geklaut, die eher gegen Efuels (Kosten, Effizienz, Verbraucher:innen-Preis) sprechen.

 

Oder um es mit dem ADAC zu schreiben: "Gegen eine baldige Markteinführung auf breiter Front sprechen der schlechte Wirkungsgrad, die aufwendige, also teure Herstellung und fehlende Industrieanlagen. Experten sehen das Einsatzgebiet von E-Fuels aufgrund des schlechten Wirkungsgrads nicht im Pkw, sondern in Transportbereichen, wo weder ein Elektro- noch ein Brennstoffzellenantrieb in Frage kommt. Das wäre vor allem in Flugzeugen und Schiffen der Fall."

 

Der Artikel hat, wie angekündigt, aber auch noch eine andere Seite.

 

Karsten Schulze: „Effiziente Verbrennungsmotoren, die klimaneutral erzeugte Kraftstoffe nutzen, können entscheidend zum Klimaschutz beitragen.“

 

"Langfristig setzt der ADAC auf E-Fuels und Wasserstoff aus regenerativen Quellen. Für beide alternativen Kraftstoffe sprechen die gute Speicherfähigkeit sowie Synergieeffekte im Rahmen der Sektorkopplung von Strom, Wärmemarkt und Verkehr. "

 

 

Der Technikpräsident mit seiner Doppelrolle

 

Um das Bild zu vervollständigen, ist auch die Pressemeldung wichtig, die der ADAC am 09. Juni 2022 zum geplanten Verbrenner-Aus im EU-Parlament verlauten ließ.

 

In dieser Pressemeldung wird der Technikpräsident Karsten Schulze mit folgenden Worten zitiert:

 

„Der Rat ist nun gefordert, eine klare Haltung zugunsten von Technologieoffenheit und effizienter CO2-Reduktion zu ergreifen, um in den Trilog-Verhandlungen zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen. Deutschland als wichtige Stimme in Europa sollte in diesem Sinne seine Verhandlungsposition überdenken.“

 

Was der ADAC zufällig nicht erwähnt: Karsten Schulze ist nicht nur Technikpräsident beim ADAC. Er ist auch im Vorstand der eFuel Alliance. Interessenskonflikt? Lobbyismus beim gelben Engel?

 

Eine Spurensuche auf der Website des ADAC lässt eine bewusste Verschleierung vermuten. Wird auf der Präsidiumsseite erwähnt, dass Schulze Beiratsmitglied der BVG ÄöR sowie Vorstand Technik des ADAC Berlin-Brandenburg e.V. ist, spielt ausgerechnet ein Vorstandsposten bei einer Lobbyorganisation, zu dessen Thema Schulze sich äußert, keine Rolle. Lediglich die Mitgliedschaft in der Efuel Alliance wird in einer Pressemeldung vom 27.10.2021 erwähnt. Der Vorstand umfasst 14 Personen. Was sich viel anhört, wird allerdings einsortiert, wenn man sich die Mitgliederliste anschaut. Denn die Mitgliederliste umfasst fast 200 Unternehmen und Verbände. Man darf also schon sagen, dass ein Vorstandsposten nicht ganz so irrelevant ist, wenn doch der weitaus größere Teil im Vorstand gar nicht vertreten ist.

 

Wie der ADAC selbst mit seinem Text offenlegte, müssen sich die Interessen der Efuels Alliance und der ADAC-Mitglieder nicht unbedingt decken. Denn wie der ADAC schreibt, werden Efuels voraussichtlich nicht die kostengünstigste Art des Individualverkehrs darstellen.

 

Mit diesem Hintergrundwissen lesen sich auch zwei weitere Passagen im ADAC-Artikel ganz anders.

 

Unter dem Absatz "Welcher Autohersteller treibt die Erprobung voran?"  bekommt Siemens Energy einen prominenten Platz im Artikel mit seiner Anlage in Chile, die für Porsche Efuels produzieren will. Im Vorstand von Efuels Alliance sitzt auch Dr. Volkmar Pflug - Vizepräsident Energy Economics bei Siemens Energy und Field-of-Action Lead für Power-to-X.

 

Und am Ende des Artikels befindet sich ein Interview (2019) mit dem damaligen CEO und heutigen Vorsitzender des Aufsichtsrates des Dresdner Unternehmens Sunfire, Carl Berninghausen. Sein heutiger CEO, Nils Aldag, ist  - Überraschung - im Vorstand der Efuels Alliance.

 

Die Efuels Alliance

 

Nun haben wir schon einige Menschen der Efuels Alliance mit Karsten Schulze, Dr. Volkmar Pflug, Nils Aldag kennengelernt und stellen hierbei eines fest: Wenn es um Efuels geht, hilft man sich mit Experten selbst aus. Man schafft es so, die Message zu bündeln und koordinierten Einfluss auf die Politik zu nehmen.

 

Dabei setzt man auch darauf, dass sich die Vernetzung nicht ganz so offensichtlich zeigt. Wie der ADAC den Vorstandsposten von Schulze nicht erwähnt, wird im hauseigenen Podcast auch nicht erwähnt, dass Schulze selbst Vorstandsmitglied bei der Efuels Alliance ist.

 

So heißt es in der Einleitung: "Willkommen Monika Griefahn von der Efuel Alliance. Ebenso willkommen Karsten Schulze vom ADAC."

 

Wer den Podcast so findet oder sich die Vorstandsseite nicht anschaut, wird also davon ausgehen, dass Herr Schulze nichts mit dieser Lobbyorganisation zu tun hat und als Verbraucherschützer dort den Hut auf hat.

 

Das Selbstverständnis des Lobbyverbandes drückt die Efuel Alliance folgendermaßen aus:

"Die eFuel Alliance setzt sich für den industriellen Ausbau und die Förderung der weltweiten Produktion und Anwendung von eFuels in verschiedenen Sektoren ein. Unser Ziel ist die politische Akzeptanz und regulative Berücksichtigung von eFuels als bedeutender Beitrag für nachhaltigen Klimaschutz."

 

Und wer sich die Forderungen mal durchliest, merkt auch schnell, von wem zwei Minister in der Bundesregierung anscheinend öfters ihr Briefing erhalten. Die Forderungen lassen sich auch 1:1 mit einer Lindner-Stimme im Kopf abspielen.

 

Bei ihrer Lobbyarbeit schreckt die Efuels Alliance auch nicht vor FakeNews zurück.

 

So schreibt UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V. - Mitglied der Efuel Alliance und mit Dr. Peter Seifried auch im Vorstand vertreten - auf ihrer Seite efuels.de:

"Legt man diese ganzheitliche Betrachtungsweise, wie es die sogenannte Lebenszyklusanalyse tut, beispielsweise bei derzeitig handelsüblichen Personenkraftwagen aus dem Verbrenner- und Elektromobilitätsbereich an, so zeigt sich, dass die CO2-Bilanz beider Antriebsarten nahezu auf Augenhöhe ist. Dies belegen mehrere aktuelle Studien."

 

Diese Behauptung wurde schon mehrfach widerlegt (MDR am 16.02.2022) bzw. die entsprechenden Studien mehrfach auseinandergenommen (Quaschnings am 20.11.2020), da diese nur durch die kuriosesten Fehler auf ihr Ergebnis kamen.

 

Johannes Remmel ist ehemaliger Umweltminister der Grünen in NRW und Mitglied im Beirat der Efuel Alliance. 

Er gab dazu bekannt: "Sorry, ich bin weder Mitglied der Org., noch verantwortlich für die Veröffentlichung und teile diese auch nicht. Meine Rolle im ‚Sounding Board‘ verstehe ich vom Anfang an konstruktiv kritisch. Die Begleitung der notwendigen Transformation dieser Branche allerdings ist spannend."

 

Schleierhaft bleibt dennoch, wieso Herr Remmel seine Reputation für diese Lobbyorganisation herhalten lässt.

 

Mein kleines Fazit

 

Wie schon in der Vergangenheit ist die Verbrennerszene gut organisiert und miteinander verbunden. Ehemalige politische Persönlichkeiten werden als Feigenblatt zur Untermauerung der Seriosität genommen und die Expert:innen sich gegenseitig "ausgeliehen". Mittendrin steht der ADAC, der nach seiner eigenen Faktenlage gegen die Interessen seiner 21 Millionen Mitglieder handelt und mit Interessenskonflikten nicht transparent umgeht.

 

Als ADAC-Mitglied würde ich doch einmal genauer nachfragen, wie es dazu kommen kann, dass mein Verein doch offensichtlich höhere Kraftstoffpreise für mich politisch durchsetzt, statt den Individualverkehr für mich möglichst günstig zu ermöglichen. Denn auch wenn es mir nicht gefällt, ist das doch die eigentliche Kernaufgabe des ADAC's - die Autofahrt möglichst günstig zu halten.

Stellungnahme des ADAC

 

Wie es sich gehört, habe ich den ADAC einige Fragen vorab geschickt und um Antworten gebeten.

 

Hier meine Fragen:

 

1.Hat die Verquickung des Technikpräsidenten mit einer Lobbyorgnisation für die E-Fuels-Technologie Auswirkungen auf die Äußerungen des ADAC's zum Thema Elektromobilität / Verbrennermotoren?

 

2. Werden Gesprächspartner:innen zum Thema E-Fuels danach ausgewählt, welche Verbindungen der Technikpräsident unterhält?

 

3. Wieso stellen Sie die Verbindungen zu anderen Lobbyorganisationen nicht transparent dar, so wie es eigentlich üblich ist?

 

4.Ist damit zu rechnen, dass Sie die Seiten entsprechend um einen Hinweis ergänzen werden und auch in Zukunft diesen Hinweis einpflegen?

 

Diese Fragen wurden wie folgt beantwortet:

 

Unsere Mitgliedschaft in der e-Fuel Alliance wurde mittels einer Pressekonferenz und Pressemitteilung am 27. Oktober 2021 vorgestellt und ist entsprechend auch im Lobbyregister des Deutschen Bundestags eingetragen.

ADAC wird Mitglied der eFuel Alliance   

Auch für die ADAC Mitglieder sind diese Informationen zur Interessenvertretung transparent auf der adac.de hinterlegt.  

Politische Interessenvertretung | ADAC

 

Der ADAC setzt sich dafür ein, Elektromobilität voranzubringen und Antriebsalternativen technologieneutral zu unterstützen. Es gilt, die individuelle Mobilität zu sichern und gleichzeitig den CO₂-Ausstoß zu begrenzen, die Abhängigkeit von begrenzten fossilen Ressourcen zu verringern sowie Luftschadstoffe zu reduzieren

 

Zwar geht die Mitgliedschaft aus der Pressemitteilung hervor. Dass der Technikpräsident allerdings einen Vorstandsposten bekleidet, wird dort nicht erwähnt. Ebenso ist nicht zu erwarten, dass Politiker:innen und Bürger:innen bei einer Pressemitteilung des ADAC erst einmal das Lobbyregister durchgehen. Auf die anderen Fragen oder ob man es in Zukunft bei den Texten zu Efuels deutlich machen möchte, ist der ADAC gar nicht eingegangen, was ich als sehr schade empfinde.