Tickets für den ÖPNV mal anders denken

Die Vorschläge für den künftigen ÖPNV sind meines Erachtens nicht praxistauglich. Denn sie beachten die Lage im ländlichen Raum nicht, sind durchschnittlich viel zu teuer und schaffen keine Anreize für den Ausbau. Lediglich der Status Quo wird hierbei verteidigt - ganz im Eigeninteresse der Verkehrsunternehmen und der Automobilindustrie.

 

Heute möchte ich euch meine Idee hierzu einmal präsentieren, womit ich glaube, viele Problematiken zum Thema gleichzeitig zu beheben. In den einzelnen Punkten mag das System nicht ganz so fair sein. Doch überwiegen meines Erachtens die Vorteile massiv die wenigen Nachteilen.

 

Mir ist bewusst, dass das Konzept nicht als Anschlussregelung eines 9-Euro-Tickets gesehen werden kann, da die Umsetzung nicht von Heute auf Morgen geschieht. Jedoch ist es eine Lösung, die Bundesländer auch einzelnd umsetzen könnten - wenn sie es denn wollen würden.

Ein einziger Teufelskreis - Die aktuelle Problemlage

Für meine Idee habe ich folgende Problematiken festgestellt, die es zu beheben gilt:

- Teure Monatstickets

- Ländlicher Raum wenig / gar nicht erschlossen

- Zu wenig Investitionen in den verschiedenen Bereichen

- Preis-Leistungs-Verhältnis ungleich je nach Region

- Fehlende Anreize für Kommunen

- Je höher der Preis ist, desto weniger Nutzer:innen gibt es pro Strecke

 

Wie man sieht, hat der ÖPNV aus meiner Sicht viele Probleme, die sich selbst zum großen Teil auch befeuern. Steigen die Preise, steigen mehr Menschen auf das Auto um und den Verkehrsverbünden brechen die Einnahmen weg. Reduziere ich die Preise, brauche ich mehr Angebot, was zur Kostenexplosion führt. Wir haben es hier also mit einem Teufelskreis zu tun.

 

Mit meinem Vorschlag versuche ich, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, die Kosten "fair" zu verteilen und das Angebot nach und nach auszuweiten, sodass auch der ländliche Raum davon profitiert.

Preisgestaltung je nach ÖPNV-Ausprägung

Mein Vorschlag sieht vor, dies mit einem System zu durchbrechen, welches die Kommunen und Kreise in verschiedene "Tarifzonen" einteilt. Je besser der ÖPNV vor Ort ausgebaut ist, desto mehr kostet das Ticket. Oder anders herum: Je kundunfreundlicher die Kommune ist, desto weniger müssen die Bürger:innen zahlen. Denn wenn bei mir im Ort der Bus nur alle 2 Stunden oder gar nur 2mal am Tag kommt, werde ich keine hohen Preise zahlen. Kann ich stattdessen den ÖPNV für meine täglichen Bedürfnisse nutzen, kann ich mir andere Mobilitätsarten (wie z.B. das Auto) sparen und bin daher auch in der Lage, höhere Preise zu zahlen.

 

Zur Verteilung der Mittel gründen Bundesländereinheiten (z.B. ÖPNV-Gebiet Nord, Berlin-Brandenburg) oder einzelne Bundesländer (z.B. Bayern, NRW) eine Abteilung, die die Kommunen und Landkreise nach Tarifgebieten nach einem Punktesystem einteilt und ihnen die finanziellen Mittel zuweist. 

Gleichzeitig bewertet diese Abteilung auch Investitionsvorschläge, wofür die Kommunen und Landkreise Geld beantragen können.

 

Das Ticket ist zudem bundesweit nutzbar. Optional könnte hierfür ein Zuschlag anfallen,

Die Tarifzonen und das Punktesystem

Was sich zunächst nach einem bürokratischen Monster anhört, wird allerdings schnell durch einen näheren Blick übersichtlich und gar nicht so ein Monster, wie man auf den ersten Blick meinen würde.

 

Bundesweit gibt es eine handvoll an Tarifzonen, in denen die Kommunen und Landkreise eingeteilt werden. Wie bereits geschrieben, sollen Kommunen mit einem besseren ÖPNV höhere Preise haben, als Kommunen die keinen

wirklichen ÖPNV haben. Die Preise für die verschiedenen Tarifstufen möchte ich hier nicht nennen, würde aber eine Obergrenze von 50€ pro Monat vorschlagen.

 

Hierdurch entstehen auf die schlechteren Kommunen ein großer Druck, das Angebot auszubauen, da sich die Fahrkarteninhaber:innenzahl erhöht, die natürlich für ihr Geld auch was geboten haben wollen. Denn auch wenn es nur 10 € für die Karte sind, habe ich den Anspruch, diese trotzdem mehrmals im Monat auch nutzen zu können. Zudem spült dies auch Beträge ein, die unter normalen Umständen nicht erreicht werden würden. Denn wer zahlt schon 150€ für ein Ticket, wenn der Bus nur zweimal am Tag erscheint? Und 10 € sind da doch besser als 0 €. Gleichzeitig sollen höhere Tarifgruppen einen Teil der Einnahmen behalten dürfen, um einen Anreiz zu schaffen, den Stand zu halten oder gar noch auszubauen.

 

Desweiteren entsteht ein natürlicher Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Kommunen und Kreisen, da es in der Natur liegt, besser als der Nachbar sein zu wollen und in Rankings möglichst gut abzuschneiden.

 

Das Punktesystem setzt sich aus verschiedenen Indikatoren zusammen, die jährlich erhoben werden.

 

Inhalt dieses Punktesystems könnten folgende Indikatoren sein:

- Kundenzufriedenheit

- Auslastung

- Ticketverkäufe pro 1000 Einwohner:innen

- Taktfrequenz

- Streckenkilometer

- Regionale Besonderheiten

Anreize entstehen, zusätzliches Geld wird eingenommen

Durch diesen Vorschlag werden meines Erachtens verschiedene Probleme des ÖPNV's gelöst.

 

Es entstehen endlich wirkliche Anreize für den Ausbau, die es bisher nicht gab. Einerseits erhöht sich der Druck durch die Bürger:innen und andererseits gibt es einen Konkurrenzkampf. Je besser der ÖPNV ausgebaut ist, desto höher ist auch der Anteil, den der Kreis oder die Kommune selbst verwalten kann, um in attraktivere Haltestellen zu investieren, das "drum herum" zu verschönern oder die Mitarbeiter:innen besser als in anderen Kreisen und Kommunen zu bezahlen. 

 

Zusätzlich wird mehr Geld eingenommen, da so auch Menschen für den ÖPNV zahlen, für die die bisherigen Preise nicht die Leistung wiederspiegeln, die sie für ihr Geld erwarten würden. Denn sind wir mal ehrlich. In vielen Bereichen Deutschlands sind aktuell selbst 10 € pro Monat noch zu teuer, da der Bus um 9 Uhr und um 15 Uhr nicht in die Lebensrealität der Menschen passt.

Ist das System gerecht?

Viele stehen auf den Standpunkt, dass es ungerecht ist, in Kommunen mit besseren ÖPNV mehr Geld zahlen zu müssen. Jedoch bekomme ich hier auch was für mein Geld geboten. Es ist etwas anderes, wenn ich alle fünf Minuten die U-Bahn benutzen kann oder am Sonntag nicht einmal alle zwei Stunden den Bus benutzen könnte, weil einfach kein Bus fährt. In solchen Regionen bin ich in meiner Mobilität auf andere Formen angewiesen (z.B. Auto). Die Fahrgastzahlen steigen also in diesen Kommunen nicht, weil das Angebot absolut nicht ausreicht. Das Tarifsystem würde dafür sorgen, dass zuerst die Fahrgastzahlen steigen und dadurch auch das Angebot ausgebaut wird. Durch die breite Finanzierung würden die Kosten für den Ausbau allerdings auch aufgefangen werden, die Steuerkosten für den Ausbau allerdings geringer ausfallen, weil in der Breite auch mehr Geld rein kommt. Im Optimalfall könnte das System von der Politik so ausgestaltet sein, dass die Kosten nicht explodieren und gleichzeitig der ÖPNV überall ausgebaut werden kann.

 

Dies ist in den bisherigen Konzepten kaum enthalten, weswegen ich denke, dass meine idee ziemlich fair ist.