3-Stufen-Modell zum Frieden in der Ukraine?

Nicht erst durch Schwarzer und Wagenknecht wird in der Öffentlichkeit viel diskutiert, wie der Krieg Russlands in der Ukraine enden könnte. Doch sorgen die meisten Vorschläge nicht für einen dauerhaften Frieden. Ob dieser überhaupt möglich ist, nach all dem Leid und der Zerstörung, die der russische Terror tief in die ukrainische DNA gebrannt hat, ist für die nächsten Jahrzehnte sowieso fraglich. Allerdings wird auch der aktuelle Zustand nicht dauerhaft anhalten. Dementsprechend stelle natürlich auch ich mir die Frage, was gemacht werden könnte, um einen dauerhaften Frieden in Europa zu erreichen.

 

Ich möchte meine Gedanken nicht als solches verstanden wissen, dass ich der Ukraine eine Lösung vorschreiben will. Die Ukraine ist das Opfer Russlands und hat dementsprechend alles Recht der Welt, selbst zu definieren, wie und wann der Krieg enden sollte. Ich verstehe meine Gedanken als Beitrag dazu, wirkliche Alternativen zu unseren sogenannten Friedensaktivist:innen aufzuzeigen.

Ausgangssituation

Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung (der Krieg in der Ukraine wurde uns kollektiv erst im Februar 2022 bewusst) mordet und vertreibt Russland bereits seit 2014 Ukrainer:innen aus ihrer Heimat. Finanziert wird dieser Krieg hauptsächlich durch europäischem Wohlstand. Trotz der Besetzung der Krim und große Teile des Donbas hat sich Deutschland dazu entschieden, fast eine Dekade lang die Kriegskasse Russlands weiter zu füllen, statt die Wirtschatsbeziehungen bereits seit 2014 kontinuierlich abzubauen. Die kontinuierliche Abnabelung Europas von Russland kommt zwar sehr spät, ist allerdings vor allem im Energiebereich grundsätzlich richtig, da Europa so die europäische Sicherheitspolitik stärkt.

 

Nicht desto trotz hat diese Abnabelung auch negative weltweite Folgen. Zwar ist Russland seit Jahrzehnten keine Weltmacht mehr, gilt aber trotzdem noch immer als eine wichtige Regionalmacht.

Die Schwäche Russlands hat daher negative Konsequenzen für Ex-Sowjetrepubliken, die nicht zur EU oder NATO gehören. So nutzt die Diktatur Aserbaidschans die Schwäche Russlands, um im demokratischen Armenien Fakten zu schaffen. Diktator Aliyev droht regelmäßig damit, an den Armenier:innen einen weiteren Genozid zu begehen. Die werteorientierte EU hat damit übrigens keine Probleme, soll doch Aserbaidschan fleißig Öl und Gas nach Europa liefern.

Auch in anderen angrenzenden Regionen Russlands hat die Schwäche Russlands Konsequenzen.

So orientieren sich Kasachstan, Mongolei und viele weitere Staaten in der Region immer weiter Richtung China, die ihnen für wirtschaftliche und politische Abhängigkeit Sicherheit vor Russland garantieren.

Besonders deutlich zeigt sich dies bei Kasachstan, dessen Machthaber zwar vor wenigen Jahren noch von Russland vor einer Revolution gerettet wurden, nun aber Russland immer mehr die Stirn bieten und sogar leicht aufmüpfig sind.

Auf Globaler Bühne wird zudem China immer mehr zum Problem (Taiwan, südchinesisches Meer...). Die wirtschatliche und politische Abhängigkeit Russlands spielt ihnen dort weiter in die Hände. 

 

Auch wenn es eine große Minderheit in Deutschland gibt, die es vor allem aus ideologischen Gründen anders sieht, kann man schon sagen, dass sich Russland bzw. Putin vergallopiert haben.

Rückblickend lässt sich aus den Texten Putins ableiten, dass er eine Wiedervereinigung der Sowjetrepublik unter der Fahne Russlands angestrebt hat und noch immer anstrebt. Aus seinen (gescheiterten) Großmachtfantasien sollte trotzdem kein Marionettenstaat Chinas resultieren. 

Putin kann es sich allerdings auch nicht erlauben, den Krieg in der Ukraine zu beeenden, da dies ein politischer Suizid wäre.

Andererseits können wir es auch nicht zulassen, dass Russland mit territorialem Gewinn aus dem Krieg geht, da dies eine Blaupause für alle Diktatoren der Welt wäre.

 

Was ist also meiner Meinung nach die Lösung, um diesen gordischen Knoten zu entflechten? Wie können Russland und die Ukraine gleichzeitig diesen Krieg als "gewonnen", was anhand des menschlichen Leids eine dämonische Bezeichnung ist, ansehen?

Das 3-Stufen-Modell

Vorab möchte ich klarstellen, dass einen gerechten und ethisch fairen Frieden nicht geben wird. Selbst wenn die Ukraine es schaffen sollte, Russland aus ihrem Land zu vertreiben, wird es keine Reperationszahlungen geben. Selbst wenn die Ukraine es schaffen sollte, Russland aus ihrem Land zu vertreiben, wird es kein Kriegsverbrechertribunal geben oder Putin in Den Haag sitzen, so wünschenswert es aus ethischer Sicht auch wäre. Dies zu erwarten, wäre naiv und bringt uns einer Lösung nicht näher.

 

Ich habe mir daher ein 3-Studen-Modell überlegt, der diese Utopien nicht berücksichtigt.Wie wir aus den Kriegen der Geschichte gelernt haben, sollten am Anfang auch keine ultimativen Forderungen stehen. Eine Waffenruhe, die ständig in Gefahr ist, gebrochen zu werden, sollte daher am Anfang auch keine Rolle spielen. Als Beispiel für Friedensverhandlungen trotz Gefecht kann man den 30jährigen Krieg oder den 1. Weltkrieg betrachten. Auch dort schwiegen die Waffen erst, als der Frieden vollständig ausgehandelt war. Wie man es nicht macht, sieht man ebenfalls zwischen der Ukraine und Russland (Minsk 1 - 3). 

 

Stufe 1:

Russland zieht sich aus den Oblasten Cherson und Saporischschja vollständig zurück und stellt die Luftangriffe ein.

Im Gegenzug beendet die internationale Ukraine-Koalition die Sanktionen gegen Russland, die seit Februar 2022 beschlossen wurden. Auch die Suspendierung in den verschiedenen internationalen Organisationen (vom IOC bis zum Europarat) werden rückgängig gemacht.

 

Stufe 1 können alle Seiten als Erfolg betrachten.

 

Die Ukraine bekommt ein großes Gebiet zurück, wo sich seit Monaten die Grenzen nicht mehr verschieben.

Putin kann dies innenpolitisch als Erfolg verkaufen, da dies die Lebenslage vom kleinen Bürger bis hin zum Oligarchen wieder verbessert.

Europa kann dies als Erfolg verbuchen, da dies innenpolitisch Druck aus dem Kessel nimmt und die heilige Kuh - die Wirtschaft - jubeln wird.

Auch die USA werden dies als Erfolg sehen können, da somit das Verhältnis zwischen Russland und China sich nicht noch weiter intensiviert.

 

Ist Stufe 1 erfolgreich umgesetzt, folgt Stufe 2.

 

Stufe 2:

Zum Hintergrund zu Stufe 2 muss man voranstellen, dass an den Fronten seit Jahren keine großen Grenzverschiebungen (bis auf die ersten Kriegswochen) geschehen. Wir haben hier bereits den für die Ukraine prophezeiten dauerhaften Grabenkrieg. Da beide Seiten gut befestigt sind, ist es schwer vorstellbar, dass sich hier auf absehbarer Zeit auch was großes tun wird.

 

Stufe 2 ist mehr oder weniger eine innerukrainische Angelegenheit.

So sollen die Oblasten Luhansk und Donezk zwei teilautonome Oblasten innerhalb der Ukraine werden.

Konkret bedeutet dies, dass die Ukraine die außenpolitischen und verteidigungspolitischen Bereiche vertritt, Luhansk und Donezk innenpolitisch (Kultur, Bildung, Infrastruktur, Finanzpolitik, innere Sicherheit) autonom entscheidet.

Für oblastüberschreitende Dinge richten die Ukraine und die beiden Oblasten gemeinsame Institutionen ein (z.B. bei der Energieversorgung). 

Eine tiefergreifende Integration in die Ukraine sollte regelmäßig (alle 10 Jahre) durch Volksbefragungen in den beiden Oblasten überprüft werden. Tiefgreifende Änderungen in einzelnen Bereichen sollten darüber hinaus in Volksbefragungen entschieden werden.

 

Vorteil Russland: In beiden Oblasten wurde viel zerstört, was immense Kosten für den Wiederaufbau verursacht. Zudem ist die Versorgung der Bevölkerung vergleichsweise sehr teuer.

Weiterhin sollte der "Westen" die Sanktionen seit 2014 aufheben, um einen weiteren Anreiz zu schaffen.

 

Für die internationale Ukraine-Koalition wird dies ein eher teures Kapitel. Dieser würde sich verpflichten, auch die beiden Oblasten finanziell zu bezuschussen, um diese wieder aufbauen zu können.

 

Stufe 3: Rückgabe Krim an die Ukraine und europäische Öffnung Russlands für europäischen Wirtschaftsraum und EU-Beitrittsperspektvie

 

Stufe 3 ist selbsterklärend. Sollten Stufe 1 und 2 umgesetzt sein, sollte die Ukraine die Krim zurück erhalten.

Um dauerhaft einen weiteren Angriff zu verringern, sollte angestrebt werden, die Verbindungen zwischen Russland und der EU zu intensivieren. In Anbetracht der Tatsache, dass China in den kommenden Jahren das Problem sein wird, ist es nur von Vorteil, wenn Russland an den "Westen" gebunden wird, um eine tiefere Allianz zwischen Russland und China (und damit auch den Bereich dazwischen) zu unterminieren.

 

Warum ausgerechnet bei mir wieder "Wandel durch Handel" durchblickt? Nunja. Andere Anreize kennt unser System leider nicht, weswegen man die Wirtschaft nicht ignorieren kann und sollte.